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Mein privates Logbuch der Reise
"Der Mitternachtssonne entgegen"
vom 28.Juli bis 14.August 1999 mit der TS Albatros

Mittwoch, 28. Juli 1999

Gegen 16.00 h betrete ich das Schiff und verlasse somit deutschen Boden, den ich nun 17 Tage nicht mehr betreten soll.


Um 19.30 h bekomme ich die erste Malzeit an Bord.

Donnerstag, 29. Juli 1999

Diesen Tag verbringen wir ausschließlich auf See, daher wird er bestimmt vom Einnehmen eines Teils der zahlreichen Mahlzeiten. Das komplette Essens-Programm eines Tages besteht aus: 6.30 h frühes Frühstück, 8.00 h Frühstück, 10.00 h spätes Frühstück, 11.00 h Bouillon an Deck, 13.00 h Mittagessen (6 Gänge), 16.00 h Kaffee und Kuchen, 19.00 h Abendessen (ebenfalls warm mit diversen Gängen), 23 h Mitternachtsmahl.

Nach dem Frühstück wird uns bei der obligatorischen Rettungsübung ein Hauch von der Gefahr der Seefahrt vermittelt. Nach einigen Informationen über Bordlautsprecher werden wir durch ein Signal dazu aufgefordert, uns mit warmer Kleidung, festem Schuhwerk, Kopfbedeckung und der Schwimmweste unter dem Arm in unserer "Musterstation" einzufinden. Selbige befindet sich für uns in Harry`s Bar.

Nach einer Vorführung über das Anlegen von Rettungswesten werden wir diesbezüglich selber aktiv, anschließend gehen wir im Gänsemarsch – brav einer hinter dem anderen, die rechte Hand auf der rechten Schulter des Vordermanns (oder –frau) – zu einem der Rettungsboote. Hierbei treten zum ersten Mal die zahlreichen Bord-Fotografen in Aktion; sie halten dies doch teilweise seltsam anmutende und im Orange der Rettungswesten gefärbte Ereignis im Bilde fest. Als wir an den Booten angekommen sind endet die Übung, alles weitere bleibt uns also erspart.

PS: Einige Schönheitsfehler hat die Übung: Zum einen wurden alle Gäste aufgefordert, vor der Übung rechtzeitig die Kabinen aufzusuchen; dadurch wurde der sich gegenseitig behindernde "Gegenverkehr" zwischen den "flüchtenden" und den die Kabine aufsuchenden Gästen vermieden. Zum anderen war die Bar, die für uns als Musterstation dient, freigeräumt von Tischen und Stühlen, genau wie das Deck im Bereich der Rettungsboote frei von den sonst zu Hunderten dort stehenden Sonnenliegen war.

Fazit: Man kann machen, was man will; ob das Schiff und die Rettungsmaßnahmen wirklich gut sind, zeigt sich erst, wenn es ernst wird.

Der heutige Tag jedenfalls ist sonnig und warm; die Folge: ein erster leichter Sonnenbrand stellt sich ein. Im Laufe der Tage habe ich das Schiff ein wenig kennengelernt und angetestest: Drei Swimminngpools (einer davon beheizt), Kino, Sauna, Fitness-Center, Frisör- und Beauty-Salon, eine Vielzahl an Bars sowohl im Inneren des Schiffs als auch an Deck, und neben den beiden Restaurants noch eine Pizzeria. Zum Tagesprogramm gehören u.a diverse Sport- und Gymnastik-Angebote, Spiele wie Bingo, ein Skat-Turnier, Navigationsunterricht, Single-Parties, Kino und Fernsehfilme, Dia- und Filmvorträge über unsere Reise und die verschiedenen Ausflugsziele. Da neben dem Essen sowieso kaum Zeit bleibt, kommt keine Langeweile auf. Am Nachmittag döse ich in Badehose an Deck und sorge für den oben bereits erwähnten Sonnenbrand.

Abends ein erster "Höhepunkt": Kapitäns-Empfang und –Dinner. Um 18.15 drängt sich die Hälfte der Passagiere (also rd. 450 Personen) in die Atlantik-Bar, vorbei am Kapitän und dem Kreuzfahrtdirektor, die jedem Gast brav die Hand drücken. Jeden einzelnen Händedruck hält einer der Bord-Fotografen in einem Bild fest, das später für schlappe 8.- DM verkauft wird. Lohn für das artige Warten in der Schlange ist dann ein Glas Sekt. Vom Klatschmarsch begleitet, ziehen Kapitän und Offiziere sowie Kreuzfahrtleitung samt Mitarbeiterstab in die Lounge ein. Wir erfahren unter anderem, daß rund 320 Angestellte für unser Wohlergehen sorgen.

Beim anschließenden Kapitäns-Dinner haben wir dann unseren endgültigen Sitzplatz im Restaurant; wir sehen den Kapitän aus der Ferne an einem der Tische speisen. Ein tolles Erlebnis! (Achtung: Ironie! J )

Ein Ritual, das wir heute zum ersten Mal erleben, soll sich fast täglich im Laufe der Reise wiederholen: Für ein "Geburtstagskind" – ob alt ob jung – bringt die gesamte Restaurant-Belegschaft (also rund 25 Philippinos) ein Ständchen.

Auch dieser Abend verläuft recht unspektakulär, endet aber etwas später nach einigen Flaschen rotem Krimsekt in der Diskothek, die ansonsten schlecht besucht ist. Leicht besäuselt gehe ich zu Bett und genieße die Nacht, die aufgrund einer durch Zeitumstellung uns geschenkten Stunde etwas länger werden könnte.

Freitag, 30. Juli 1999


Um 7.15 h "neuer" Zeit werden wir durch die Lautsprecher-Ansage von der "Brücke" geweckt, die uns darüber informiert, daß das Schiff bereits vor Kirkwall / Orkney-Inseln auf Reede liegt. Wir haben verschiedenfarbige Landgangskarten erhalten, und für die Teilnehmer an der Orkney-Rundfahrt beginnt schon die Ausschiffung. Zur Freude der Handy-Besitzer haben wir wieder Kontakt mit der Heimat.

Wir gehen zunächst gemütlich zum Frühststück. Wir setzen uns an den Tisch unserer Mitfahrer, da dort im Moment ausreichend Platz ist. Dies stößt auf heftigsten Protest von Seiten der Kellner, wird aber nach langer Debatte als Ausnahme akzeptiert.

Gegen 9.00 Uhr lassen wir uns mit den anderen Reisenden, die nicht an der Überland-Rundfahrt teilnehmen, an Land bringen. Die Tender-Boote sind zu meiner Überraschung keine im Hafen gecharterten Boote, sondern "Rettungs"-Boote der Albatos. Im Hafen angekommen, befinden wir uns auf schottischem Boden in einem 5000-Seelen-Städtchen. Die Orkneys sind eine Inselgruppe, bestehend aus 70 einzelnen Inseln, von denen 26 bewohnt sind. Hauptattraktion der Insel ist eine Kathedrale, die etwa zur Jahrtausendwende gebaut wurde. Momentan wird sie aufwendig restauriert und ist somit teilweise eingerüstet. Weiterhin besuchen wir die Ruine eines Kastells, das um 1600 gebaut wurde, aber keinem Vergleich zur Kathedrale standhalten kann.

Im Hinterhof des Kastells befindet sich der Bowling-Club, der jedoch wenig mit unseren Bowling-Centern gemein hat: Zumeist ältere Damen und Herren spielen auf Naturrasen, der die Bezeichnung "englischer Rasen" wirklich verdient hat, nicht etwa auf Kegel, sondern visieren als Ziel eine kleine weiße Kugel an. Das Spiel entspricht somit eher den Bowl oder Boccia, erinnert mich auch stark an das Eisstockschießen.

Auf dem weiteren Weg durch die kleine Stadt kommen wir auch zum "Heimat"-Museum. Nach der Besichtigung kommen wir mit dem Aufseher in ein interessantes Gespräch: Direkt vor diesem Ort liegt die geschichtsträchtige Bucht "Scapa Flow", die in beiden Weltkriegen Schauplatz bedeutender Ereignisse war:

Im ersten Weltkrieg hatte sich die deutsche Hochseeflotte nach Kreigsende dorthin zurückgezogen. Als im September 1919 ein Waffenstillstands-Abkommen auslief, befürchtete der Befehlshaber der Flotte, daß die Schiffe jeden Moment von den Engländern beschlagnahmt würden. Um dies zu verhindern, gab er den Befehl, die Schiffe – mit den noch an Bord befindlichen Offizieren und Besatzungsmitgliedern – selber zu versenken. Unglücklicherweise war dem Befehlshaber nicht bekannt, daß wenige Stunden zuvor der Waffenstillstand um zunächst zwei weitere Tage verlängert wurde. Es gab auch im weiteren keine Kriegshandlungen, so daß Deutschland damals "unnötigerweise" sieben Schiffe und eine Vielzahl Soldaten verlor. Die Schiffe liegen heute noch auf dem Meeresgrund in der Bucht und sind das Ziel von Sporttauchern.

Im zweiten Weltkrieg, und zwar bereits im September 1939, also unmittelbar nach Kriegsbeginn, brach ein deutsches U-Boot an einem schmalen Durchlaß zwischen zwei Inseln in die ansonsten durch Netze und Minen gesicherte Bucht ein, die die Engländer zum Schutz ihrer Flotte nutzten, torpedierte ein englisches Kriegsschiff, das mit der kompletten Besatzung unterging.

Gegen 12.00 h bringt uns ein Tender der Albatros zurück an Bord; mit fast einstündiger Verspätung verabschieden wir uns um 13.50 h von den Orkneys und nehmen Kurs auf Island.

Nach dem Mittagessen lege ich mich zunächst warm eingepackt an Deck, doch bald kommt die Sonne wieder durch, es wird erneut ein schöner Nachmittag an Deck. Der Sonnenbrand wird ein wenig aufgefrischt. Um 17.00 Uhr nehme ich in der Kopernikus-Lounge am "Navigationsunterricht mit Ali" teil. Der Unterricht ist zwar lehrreich, wird aber von Ali so trocken und teilweise im Komiss-Ton vermittelt, daß ich die Veranstaltung vorzeitig verlasse. Zum Abendessen nimmt auch der Seegang zu. Ich habe das Gefühl, nun beginnt die Reise endgültig. Windstärke 5 läßt das Schiff doch spürbar schaukeln.

Nach dem Abendessen lege ich mich ins Bett, das ich für diesen Tag dann auch nicht mehr verlassen werde.

Samstag, 31. Juli 1999

Um acht Uhr wache ich gut ausgeruht auf. Dieser Tag dient wiederum nur dem Zurücklegen der Strecke von Orkney nach Island; das Schiff fährt mit rund 18 Knoten (rd. 31 km/h) seinem Ziel entgegen. Die Hälfte der Strecke ist seit dem Ablegen am gestrigen Mittag bereits geschafft. Der Seegang und der Wind sind unverändert stark, es ist nebelig und kalt (13 Grad), die Luftfeuchtigkeit beträgt 99% - kurz: ein unangenehmes Wetter. Außer dem Frühstück ist heute morgen nur "Abhängen" in Harry´s Bar bei Musik unseres Alleinunterhalters André angesagt.

Auch am Nachmittag halten sich das schlechte Wetter und die rauhe See. Neben dem üblichen Gammeln gehe ich am Nachmittag zum Bingo und verpasse natürlich den Gewinn, wenn auch nur knapp. Später sitze ich zum Aperitif in der Piano-Bar.

Um Mitternacht passieren wir die "Westmänner-Inseln", eine vulkanische Inselgruppe vor Island. Die jüngste Insel, die wir mit unserem Schiff einmal umrunden, ist erst im Jahre 1963 bei einem Vulkanausbruch entstanden. Mit 36 Jahren ist das Alter der Insel höchstens mit einem Wimpernschlag im Vergleich zur Erdgeschichte gleichzusetzen. Die Insel wurde schon während ihrer Entstehung unter Naturschutz gestellt und darf seitdem nur von Wissenschaftlern betreten werden. Sie dient somit als "natürliches Labor", um das Entstehen von Leben zu beobachten. Ein Projekt, das sich wirklich interessant anhört.

In der Nacht wird die Uhr zum zweiten Mal um eine Stunde zurückgestellt, so daß die Nacht schließlich doch eine erträgliche Länge bekommt.

Sonntag, 1. August 1999

Früher Aufstehen ist angesagt. 6.15 h schellt der Wecker. Nach eiligem Frühstück werden wir nach Reykjavik, der nördlichsten Hauptstadt der Welt, ausgeschifft. Zunächst einige Zahlen: In Island leben rd. 270.000 Einwohner, 50.000 davon in Reykjavik, 150.000 im Großraum Reykjavik. Entgegen allen Erwartungen leben nur 11% von der Fischindustrie, 60% arbeiten im öffentlichen Dienst. 18% des Landes ist von Gletschern bedeckt, die bis zu 1000 m Eisstärke haben. Würde man die gesamten Eismassen gleichmäßig über Island verteilen, so wäre die Eisschicht noch 40 m dick. Nicht umsonst also heißt Island "Eisland".

Die Hauptstadt zeigt sich in modernem Gewand: Die Architektur ist modern, die Häuser oft farbenfroh in knalligen Farben gestrichen, alles ist außergewöhnlich sauber. Wir fahren mit dem Bus zunächst in eine kleine Siedlung, die nichts außer einem Souvenierladen zu bieten hat. Früher waren an diesem Ort heiße Quellen, die nun zur Beheizung von Gewächshäusern genutzt werden.


Unsere zweite Station führt uns zu einem Wasserfall namens Gullfoss, der im Moment aber alles andere golden erscheint, da in dem speisenden Gletscher die Zunge über einen längeren Zeitraum mit einer Geschwindigkeit von 30 Metern pro Tag sich vorwärts bewegt hat und schließlich in den Fluß abgerutscht ist. Dabei hat sie eine große Menge Geröll vor sich hergeschoben, das jetzt den Fluß zu einem trüben Strom werden läßt.


Vom Wasserfall aus fahren wir zu einem Feld mit einer Vielzahl aktiver Geysire. Unter anderem gibt es hier den "alten Geysir", dem Namensgeber für diese Erscheinungen weltweit. Er ist zwar erloschen, jedoch schießt ein anderer noch alle fünf bis sieben Minuten eine Wasser- und Dampfsäule viele Meter hoch in die Luft.


An diesem Geysirfeld nehmen wir in einem Restaurant auch unser Mittagessen ein. Von dort aus geht es zu einer Tiefebene, mit der wohl beeindruckendsten Erscheinung. An dieser Stelle treffen die amerikanische und die eurasische Kontinentalplatte aufeinander. Die Platten sind auseinander gedriftet, so daß dazwischen das Land in wenigen Jahren (bis zu 60 cm im Jahr) abgesunken ist und die Abrißkanten der Kontinentalplatten frei sichtbar liegen. Dieses Naturereignis ist nur noch einmal auf der Welt, nämlich in Südafrika, zu beobachten. Die Geologie unserer Erde liegt an dieser Stelle offen wie ein aufgeschlagenes Buch.


Als letztes genießen wir von einem Aussichtspunkt oberhalb der Stadt noch einmal den Blick über Reykjavik, bevor wir auf das Schiff zurückkehren.


Montag, 2. August 1999

Wir schlafen relativ lange, frühstücken und gammeln am Vormittag. Ich gehe auf das Promenadendeck und sehe von dort aus mehrmals größere Objekte in einiger Entfernung im Wasser auftauchen und wieder verschwinden. Die Deutungen durch die Reisenden reichen von Robbe über Delphin bis Wal... Ich weiß nicht was ich gesehen habe, aber ich hab´s gesehen...

Es gibt zeitig Mittagessen, da das Schiff gegen 14.00 h in Akureyri festmacht und die Ausflugsteilnehmer schnell an Land müssen. Da für Gäste ohne gebuchten Ausflug das Ausbooten erst gegen 16.00 Uhr beginnt, ist noch etwas Geduld angesagt.


Gegen 16.00 h booten wir aus. Im Hafen hat ein Go-Cart-Bahn-Betreiber Station gemacht. Dies soll die größte Atttraktion in dem kleinem ruhigen Städtchen bleiben. Zur "Entschuldigung" sei gesagt, daß heute Nationalfeiertag in Island ist.

Dienstag, 3. August 1999

Um 2.45 h überquert die Albatros den nördlichen Polarkreis. Er liegt bei 66,5 Grad, und damit sind wir nun im Gebiet der Mitternachtssonne, das heißt: heute wird es keinen Sonnenuntergang geben, und für die nächsten Tage erleben wir "das ewige Licht". Die Uhren werden diese Nacht um eine Stunde vorgestellt; wir nähern uns also schon wieder unserer heimatlichen mitteleuropäischen Sommerzeit.

Die Nacht war durch die Zeitumstellung ein wenig kürzer.

Um 11.00 Uhr ein kleiner "Höhepunkt" im Unterhaltungsprogramm an Bord: Die Polartaufe. Da sie bei 7 Grad Lufttemperatur – durch den Wind subjektiv um einiges kälter empfunden – an der Außenbar stattfindet, kommt spätestens jetzt die neu erworbene Mütze zu ihrem ersten großen und zweckmäßigen Einsatz. Was steckt hinter der Polartaufe?: Da wir ja den Polarkreis überfahren haben, sind Neptun und sein Gefolge an Bord gekommen, um die Landratten vom Dreck zu befreien, sie zu untersuchen und – falls sie für tauglich befunden werden – mit einem Stempel zu versehen. Ich werde auch zu diesem etwas derben Spaß auserkoren, bekomme zunächst einen ordentlichen Klecks bunter Schmiere – es sieht aus wie Buttercreme – auf den Kopf, danach wird mir der Mund mit hochprozentigem Schnaps aus einer übergroßen Spritze ausgespült, ich bekomme einen mit Senf gefüllten Windbeutel in den Mund geschoben, mit einer Klobürste und reichlich Wasser werde ich getauft und zum Abschluß bekomme ich einen handtellergroßen Stempel auf die Wange gedrückt. So verziert ziehe ich mich vor den Mittagessen noch einmal zur nötigen Nacheinigung in die Kabine zurück.

Gegen 20.45 h passieren wir Jan Mayen, die einzige Insel auf dem Weg von Island nach Spitzbergen. Dieses Ereignis ist uns groß angekündigt worden, und der ganze Tagesablauf war darauf ausgerichtet. Wie jedoch zu erwarten, liegt die Insel großteils im Nebel; dies ist an rund 340 Tagen im Jahr der Fall, und an nur 3 Tagen im Jahr ist sie völlig nebelfrei. Diese Vulkaninsel mit ihren steil aufsteigenden Felsen bietet dennoch einen imposanten Eindruck. Deutlich sind die Flußspuren der Lava sichtbar. Im Moment leben 18 Menschen auf der Insel; sie arbeiten in zwei Wetterstationen und einer Funkstation. Die Brücke hat Funkkontakt mit ihnen aufgenommen, und sie grüßen alle Passagiere der TS Albatros.

Nach dieser Passage gehen wir noch in die Disco, und nicht nur wegen der nicht mehr untergehenden Sonne – selbst nach Mitternacht ist sie nicht nur zu sehen, sondern strahlt wirklich aus beachtlicher Höhe – beginnt die bisher längste Nacht an Bord.

 

Mittwoch, 4. August 1999

Da die Nacht auf Grund der letzten Zeitumstellung – wir sind wieder bei "unserer" Zeit angelangt – und meiner späten Heimkehr recht spät (oder sollte ich besser sagen "früh") begann, verschlafen wir das Frühstück. Aber zum Glück gibt es ja das Langschläfer-Frühstück, das allerdings an Deck eingenommen werden muß; bei der Außentemperatur von 2 Grad und frischem Wind ein zweifelhaftes Vergnügen. Um 11.15 spielt das Streichquartett seine Matinee; nach drei klassischen Themen folgen Filmmusiken.

Nach den Mittagessen ist das obligatorische Schläfchen angesagt, trotz Kälte und Wind wieder in Decken eingehüllt an Deck. Im Anschluß buche ich die letzten Landausflüge der Reise. Außerdem gebe ich bei der "Frage des Tages" nach der für das nördlichste Postamt aufgegebenen Karten den Tip 5998 ab. Mal sehen, was dabei herauskommt.

 

Donnerstag, 5. August 1999

Der wohl imposanteste Tag der Reise beginnt: Schon am frühen Morgen fährt das Schiff in den Magdalenenfjord auf Spitzbergen ein. Mehrere Gletscher bestimmen das Bild. Eisschollen schwimmen auf dem Wasser. Zum Teil sind die Eisfelder rot gefärbt. Ein seltsamer Anblick, der sich jedoch später erklären wird. Da es sich bei diesem Fjord um ein großes Naturschutzgebiet handelt, haben wir keine direkte Möglichkeit auszubooten. Innerhalb einer knappen halben Stunde befestigen die Matrosen auf der Landzunge einen Ponton und errichten außerdem "die nördlichste Bar der Welt".


Nach und nach werden wir ausgebootet. An Land angekommen erfahren wir, daß wir einen Teil der ins Wasser ragenden Landzunge nicht betreten dürfen, da hier Seeschwalben brüten, die in dem Falle, daß sie sich gestört fühlen, aggressiv werden können. Zumindest das Problem der Eisbären ist nicht aktuell – in der Woche zuvor durften die Gäste eines anderen Kreuzers sich nicht so frei auf der Halbinsel bewegen, da kurz zuvor ein Eisbär gesichtet wurde. Dieser hatte unter anderem die Hütte der zwei Polizisten, die hier als einzige Menschen zumindest für zwei Monate im Jahr wohnen, aufgebrochen und nach Nahrung gesucht. Zu unserer Sicherheit werden dennoch mehrere Personen der Mannschaft mit Waffen postiert, um einen eventuellen Bärenangriff abzuwehren.

Über unwegsames Gelände machen wir uns auf die etwa zweistündige Wanderung direkt zum Gletscher. Auf dem Weg dorthin kommen wir an einigen Walfänger-Gräbern vorbei, die schlicht aus einem Steinhaufen bestehen. Da einige Touristen die Bedeutung dieser Male nicht verstehen, entfernen sie zum Ärger der Naturschützer oft Steine. Aber unsere Passagiere halten sich gut.


Am Gletscher angekommen, bietet sich uns eine gigantische Farb- und Geräuschkkulisse: Die etwa 50 Meter hohe Abrißkante strahlt blau, das Schmelzen des Eises erzeugt ein bizarres Knistern. Ab und zu hören wir auch ein lauteres Grollen, wenn der Gletscher kalbt, und wir erleben auch ein solches Schauspiel. Nicht ganz ungefährlich, wie sehr wir uns den schmelzenden Eismassen nähern.


Nach unserer Rückkehr zur Anlegestelle erhalten wir eine heiße Erbsensuppe, und die Einschiffung mit den Tenderbooten beginnt wieder. Ich unterhalte mich noch rund eine Stunde mit einem der Polizisten: Sie leben von Mitte Juni bis Mitte August und freiwillig hier. Untereinander kannten sie sich vor ihrer Aufgabe nicht. Es gibt keinen Strom außer einen Solarzelle, die gerade reicht, um die Akkus für das Funkgerät zu speisen. Zu ihren Hauptaufgaben gehört neben dem Schutz des Gebietes vor dreisten Touristen die Zählung der Tiere.

Da es auch kein warmes Wasser auf der Station gibt, nehmen die Polizisten die Gelegenheit wahr und gehen an Bord unserer Albatros, um zu duschen. Außerdem erhalten sie von einem Schiffsoffizier eine Tüte mit uns unbekanntem Inhalt als Geschenk. Wir vermuten, daß es sich dabei unter anderem um frisches Obst und die eine oder andere Flasche Schnaps handelt.


Ich verlasse als einer der letzten die Halbinsel; dennoch "verpasse" ich den Angriff einiger Vögel auf eine allzu neugierige Frau, die dabei schwer am Kopf verletzt wird.

Gegen 15.30 Uhr setzt die Albatros ihre Fahrt durch die bezaubernde Fjordwelt Spitzbergens fort.

Gegen 18.45 h verläßt eine Delegation das Schiff und fährt mit einem Tenderboot nach Ny-Ålesund im Königsfjörd. Dort ist auf einer Forschungsstation das kleinste und vor allem nördlichste Postamt der Welt. Eine Unmenge Postkarten der Passagiere wird dort aufgegeben. Wir fahren weiter durch diverse Fjorde und sehen unter anderem als einen der nächsten Höhepunkte am Ende des Lilliehöökfjörd einen 4 km langen Gletscher, der im Bogen den Abschluß des Fjordes bildet. Später nehmen wir die Besatzung, die vom Postamt zurückkommt, wieder an Bord und fahren in eine weitere arktische Nacht ohne Sonnenuntergang.

Bei den diversen Eisbären-Parties wird unter anderem gezeigt, wie zwei Mitglieder der Besatzung in kürzester Zeit beim "Eis-Carving" aus zwei Eisbrocken Skulpturen zaubern. Auch die Drinks gibt es an diesem Abend mit Original-Gletschereis, das die Besatzung mit an Bord genommen hat.


Gegen drei Uhr scheint die Sonne so grell und klar wie noch nicht einmal tags, und um vier Uhr beschließen wir, zum Abschluß des Tages noch einmal schwimmen zu gehen.

Freitag, 6. August 1999

Wir passieren immer noch einige Fjorde; unter anderem sehen wir eine russische Minenarbeiter-Siedlung, die so alt und häßlich erscheint, daß sie schon wieder einen eigenen Charme versprüht.

Nach weiteren Passagen verlassen wir gegen 19 Uhr Spitzbergen und nehmen Kurs auf das norwegische Festland.

Seit einigen Stunden hat die Seestärke deutlich zugenommen. Wir machen uns für das Gala-Buffet fein; währenddessen merke ich schon, daß es mir etwas mulmig wird. Wir schwanken mutig Richtung Abendessen; im Restaurant angekommen, bekomme ich einen Schweißausbruch und verlasse, ohne einen Bissen zu mir genommen zu haben, die Bildfläche. Auf dem Weg zurück in die Kabine sehe ich schon die Stewards, wie sie im Abstand von einem Meter Spucktüten über die Geländer hängen. Dies ist wohl das sichere Zeichen für eine unruhige Nacht. Ich lege mich ins Bett, und fortan geht es mir gut.

 

Samstag, 7. August 1999

Die See hat sich ein wenig beruhigt. Wir erfahren über Bordlautspecher, daß wir in der letzten Nacht eine Seestärke von 7 und Windstärke 6 hatten. Ich verzichte weiterhin auf die Aufnahme von Nahrung. Ich verbringe den weiteren Tag zunächst im Liegen. Der Schiffsarzt berichtet, die Patienten hätten die Nacht vor seiner Praxis Schlange gestanden, und er habe kein Auge zugetan. Im Vergleich dazu geht es mir sehr gut – aber eben nur, solange ich flach liege.

Gegen Mittag quäle ich mich aus dem Bett – die See ist auch ruhiger geworden. Es gibt früh (schon um 18.00 Uhr) Abendessen, denn wir kommen auch zu etwa dieser Zeit in Honningsvåg an, einem kleinen Dorf, von dem aus dann die Fahrt zum Nordkap startet. Gegen 20.30 werde ich ausgebootet.

Mit dem Bus geht es auf eine ca. 50-minütige Fahrt. Schon nach kurzer Zeit werden wir von einer Rentier-Herde auf der Straße gestoppt, die zu einer Samen-Familie (=Lappen) gehört. Deren Lagerplatz besuchen wir auf der Hinfahrt. Dort ist ein Wohn-Zelt aufgebaut, in dem mit Sicherheit noch nie jemand wirklich geschlafen hat. Das eigentliche Wohnhaus ist einen Steinwurf entfernt. Außerdem hält ein Same in Tracht ein müdes Rentier am Strick und läßt sich bereitwillig fotografieren, während zwei Saminnen (falls so die Frauen heißen sollten) Felle, Puppen, Figuren und anderen Kitsch verkaufen. Alles reiner Touri-Nepp.


Am Nordkap finden wir erstaunlich gutes Wetter vor. Es ist praktisch klare Sicht, was nur wenige Tage im Jahr so ist. Die Sonne ist knapp über dem Horizont zu sehen. Vor der Klippe des Nordkaps steht eine Halle, in der unter anderem ein eindrucksvoller Film auf einer Multivsions-Video-Panorama-Wand gezeigt wird. Einige "Etagen" tiefer ist eine kleine Kappelle, die nur mit Naturholz eingerichtet ist. Schließlich genießen wir noch den Blick vom Kings-View. Nach einer kurzen Pause bei einer Cola zum Spottpreis von DM 7,50 besichtigen wir noch das Denkmal "Kinder dieser Welt", das aus ca. 1m großen Scheiben besteht. Sie wurden jeweils von einem Kind eines Kulturkreises gestaltet.

Gegen 0.30 Uhr sind wir zurück auf dem Schiff und nehmen noch eine ausgesprochen leckere Gulasch-Suppe als Nachtmahl zu uns, bevor ich wieder ein wenig in der Disco "versacke" und gegen 4.00 Uhr das Bett aufsuche. Das Schiff hat inzwischen um 2.00 Uhr den Hafen von Honnigsvåg verlassen und ist auf dem Weg nach Tromsö.

Sonntag, 8. August 1999

Nach dem "Langschläfer-Frühstück" im Freien gammele ich noch den Rest des Vormittages herum, während das Schiff sich durch die nord-norwegische Fjordwelt schlängelt. Das Mittagessen wird heute außergewöhnlich früh serviert, denn wir machen gegen 13.45 an der Pier von Tromsö fest, und schon gegen 14.00 Uhr beginnen die Landgänge. Wir haben einen Ausflug mit Stadtrundfahrt und Besuch des Polaria, eines interaktiven Polar-Museums gebucht. Neben dem nördlichsten Aquarium bekommen wir dort einen Film ähnlicher Machart wie am Nordkap zu sehen.

Ein weiterer Höhepunkt ist der Besuch der Eismeer-Kathedrale, einer modernen lichtdurchströmten Kirche mit imposantem Mosaik. Ein architektonischer Höhepunkt der Stadt ist auch die 1960 errichtete Brücke über den Fjord. Zur Zeit des Baus der Brücke wurde ihr ein längeres Leben auf Grund ihrer gigantischen Dimensionen abgesprochen (Länge: 1,4 km, Höhe 43m).


Ansonsten wirkt die 50.000 Einwohner zählende Stadt mit ihren Häuschen, die überwiegend aus Holz gebaut sind, eher ruhig und beschaulich. Die Stadt ist mit ihrer Universität, der Seefahrtshochschule, der Lehrerhochschule und fünf Gymnasien das Ausbildungszentrum Nord-Norwegens. Viele Superlative in Bezug auf die weltweit nördlichste Lage werden uns präsentiert: die evangelische Kirche, das Planetarium, die oben schon erwähnte Universität und vieles mehr. Auf Grund des auch hier im Norden noch spürbar milden Golfstroms ist das Leben auch in den Wintermonaten mit der ununterbrochenen Polarnacht durchaus erträglich. Es gibt 14 km beleuchtete Langlaufloipe, eine beleuchtete Alpinabfahrt und ein Skisprungstadion. Eine Stadt, in der es sich dem Anschein nach leben läßt.

Während unseres Abendessens verläßt die TSS Albertros ihren Liegeplatz. Am Abend gibt es noch die "Herzblatt-Show" an Bord. Um 22.38 Uhr geht zum ersten Mal nach fünf Tagen wieder die Sonne unter – vorbei ist es also mit den langen arktischen Nächten... Jedoch richtig dunkel wird es auch in dieser Nacht noch nicht.

Montag, 9. August 1999

Ein sonniger Morgen lacht! Seit langem stehe ich mal wieder so früh auf, daß ich gemütlich und ohne Zeitdruck frühstücken kann. Die Albatros fährt durch die Inselwelt der Lofoten, ein toller Anblick – besonders bei diesem sonnigen Licht. Gegen 13.00 Uhr machen wir ein ganzes Stück vor Gravdal fest; das Ausbooten beginnt. Da wir für heute keinen Ausflug gebucht haben, hätten wir erst ab 15.00 Uhr die Chance, das Schiff für einige Stunden zu einem Landgang zu verlassen. Da es aber an Land keine sehenswerte Stadt gibt, bevorzuge ich es, den Nachmittag in der Sonne an Deck zu verbringen.

Dienstag, 10. August 1999

Sonne, Sonne, Sonne. Den ganzen Tag lang. Daher liege ich - abgesehen von den Malzeiten und der Matinee des Streichquartetts - die restliche Zeit in selbiger. Abends geht es zur Crew-Show. Die Beiträge sind von gemischter Qualität. Die Sänger sind gut, die Tänzer eher mäßig, aber insgesamt eine unterhaltsame Show mit recht wenig peinlichen Momenten. Die anschließende gemeinsame Party mit Crew und Gästen in der Disco kommt zäh in Gang, aber es wird schließlich der stimmungsvollste Abend der bisherigen Reise.

Mittwoch, 11. August 1999

Aufstehen um 7.30 Uhr, kurz danach macht die Albatros in Norwegens berühmtestem und wohl auch schönstem Fjord vor Hellesylt fest. Direkt nach dem Frühstück geht es von Bord und mit dem Bus ins "Gebirge". Die Landschaft ist hier eine enge Schlucht, die neben den Fjorden bis zu 1500 m aufsteigt. Wir fahren über Gebirgsstraßen, die teilweise nur Saisonstraßen sind, kommen an einem Sommerskigebiet vorbei, erleben dort die 70%ige Sonnenfinsternis, wenn auch ein wenig wolkenverschleiert.

Die Straße ist zum Teil noch in dem Zustand, wie sie vor rund 100 Jahren gebaut wurde: 2,5 Meter breit und aus Schotter. Wir sehen unzählige Wasserfälle aus den fast senkrechten Felswänden herabstürzen.


Der Weg zu einem Aussichtspunkt ist die abenteuerlichste Fahrt, die ich je gemacht habe. Der Lohn: die Spitze des erklommenen Berges liegt über den Wolken – wir sehen nur weiß. Aber es gibt noch einen tiefer gelegenen Aussichtspunkt, von dem aus wir den Blick in den Gairanger-Fijörd erleben, in den die Albatros in der Zwischenzeit gefahren ist.

Um 16.30 Uhr fahre ich mit dem letzten Tender zum Schiff, um Punkt 17.00 Uhr beginnt die Albatros ihre Fahrt zurück ins offene Meer. Wir passieren die "7 Schwestern", eine Formation von eben 7 Wasserfällen. Insgesamt erinnert die gesamte Landschaft eher an einen Gebirgssee, nur mit einem Unterschied: Wir befinden uns auf Meeresspiegel-Niveau und sind vom Meer mit einem hochseetauglichen Schiff hier hineingefahren. Ein eindrucksvolles Erlebnis.


An diesem Abend beginnen die Abschlußrituale: Das Kapitäns-Dinner endet mit dem Aufmarsch des Küchenchefs mit seinen Köchen, und am Ende werden die traditionellen Eisbomben geschlachtet. Schon zu diesem Zeitpunkt beginnt die See rauher zu werden, und so gehe ich um kurz nach neun "vorsichtshalber" ins Bett.

Donnerstag, 12. August 1999

         

Bergen: Die zweitgrößte Stadt Norwegens; 260.000 Einwohner (Norwegen insgesamt hat 4,5 Mio.). Eine Stadt, die – wie der Name schon sagt – zwischen und auf Bergen liegt. Eine vorgelagerte Insel sichert den Hafen und ist seit den 60er Jahren mit rd. 50.000 Einwohnern besiedelt. Wir machen eine Stadtrundfahrt und lernen im Check-und-Weg-System die Sehenswürdigkeiten kennen. Besonders imposant ist das alte Hanse-Viertel, direkt am Hafen und am Fischmarkt gelegen. Die Häuser sind durchweg aus Holz – ein Grund dafür, daß es in Bergen sehr häufig gebrannt hat. Auf einen Berg führt eine Kabelbahn, einen anderen besuchen wir auf unserer Busrundfahrt.

Wir kehren zum Schiff zurück und nach dem Mittagessen und einem Nickerchen in der Sonne ziehe ich auf eigene Faust noch einmal in die Stadt. Ich fahre auf den Berg mit der Bahn und spaziere hinunter.

Freitag, 13. August 1999

Und schon wieder ein sonniger Tag. Ich stehe so spät auf, daß ich erst um 11.00 Uhr an Deck bin und verzehre zum Frühstück eine Bratwurst und gebackene Folienkartoffel.

Das schöne Wetter hält sich den ganzen Tag, so daß ich nochmals an Deck zu Mittag essen kann. Danach ist wieder faulenzen angesagt, anschließend erledigen wir am Nachmittag noch die Ausschiffungsformalitäten und Abrechnungen...

 

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